Der Jamaikaner Yohan Blake bestätigte bei Weltklasse Zürich seinen WM-Titel von Daegu über 100 m in 9,82 Sekunden und in eindrücklicher Manier. Mit dem Schweizer Rekord von 38,62 Sekunden glänzte die Schweizer Männerstaffel.
Neben Blake setzte auch der Hürdensprinter Dayron Robles (Kuba) in 13,01 vor 26'000 Zuschauern im Letzigrund ein Glanzlicht. Eine Jahresweltbestleistung hingegen blieb vier Tage nach Abschluss der Titelkämpfe in Südkorea aus.
Für Lisa Urech endete der Schweizer Heimauftritt in einer herben Enttäuschung. Für die Emmentalerin war das Rennen über 100 m Hürden schon nach dem ersten Hindernis vorbei. Dafür sorgte die Schweizer 4x100-m-Staffel für das Highlight aus Schweizer Sicht. Pascal Mancini, Reto Amaru Schenkel, Alex Wilson und Schlussläufer Marc Schneeberger liefen wenige Tage nach der Enttäuschung in Daegu 38,62 Sekunden und damit auf Rang 3. Das Quartett verbesserte die bisherige Bestmarke um 7 Hundertstel. Die Weitspringerin Irene Pusterla rehabilitierte sich für ihren WM-Flop und flog mit guten 6,60 m knapp am Podest vorbei auf den 4. Platz.
Urechs tragische Geschichte
Für die tragische Geschichte des Rennens in Zürich war Lisa Urech besorgt. Wie bereits vor einer Woche, als sie in Daegu nur um 0,02 Sekunden den WM-Final der Top 8 verpasst hatte, war der 22-jährigen Emmentalerin auch im Letzigrund kein Glück beschieden. Die Schweizer Aufsteigerin des Jahres, die Anfang Juli in La Chaux-de-Fonds mit 12,62 Sekunden den 20 Jahre alten Schweizer Rekord von Julie Baumann gebrochen hatte, fiel vor der ersten Hürde aus dem Rhythmus, strauchelte und musste das Rennen bereits aufgeben, noch ehe dieses für sie richtig begonnen hatte.
Urech sprach nach dem Rennen von einem "Blackout" und konnte sich den Fehler nicht erklären. "Ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Es tut mir leid für alle, die mehr von mir erwartet hatten", so die Läuferin des SK Langnau. Der Schock war Urech anzusehen. Gleich nach dem Rennen war sie in die Katakomben geflüchtet, und auch als sie kurze Zeit später zurückkehrte, um den TV- und Radiostationen Rede und Antwort zu stehen, rang sie nach Erklärungen. Vor einem Jahr hatte Urech in Zürich ein brillantes Debüt in der Diamond League gefeiert und als Vierte eine persönliche Bestzeit aufgestellt. Gestern lernte sie die Schattenseite des Geschäfts kennen.
Blake: Kein Zufall
Der 21-jährige Jamaikaner Yohan Blake siegte bei Windstille in 9,82 Sekunden überlegen vor seinem Landsmann Asafa Powell. Blake bestätigte damit im Letzigrund, dass er vor zehn Tagen nicht zufällig Weltmeister geworden ist. Nach einem mässigen Start überspurtete er auf der zweiten Streckenhälfte Powell und siegte deutlich vor dem Jahresbesten, der in 9,95 gestoppt wurde. Den totalen jamaikanischen Triumph verhinderte Walter Dix. Der WM-Zweite über 100 m und 200 m aus den USA wurde in 10,04 Sekunden Dritter. Auf Platz 4 landete Michael Frater (10,06), auch er wie Blake ein Mitglied der jamaikanischen Sprint-Staffel, die noch vor vier Tagen in Daegu über 4x100 m einen Weltrekord aufgestellt hatte.
Rekord als Höhepunkt
Die 4x100-m-Staffel der Männer sorgte mit einem nationalen Rekord für den Schweizer Höhepunkt. Pascal Mancini, Reto Amaru Schenkel, Alex Wilson und Marc Schneeberger verbesserten mit 38,62 Sekunden den bisherigen, 2010 an den Europameisterschaften in Barcelona erzielten Schweizer Rekord um sieben Hundertstel.
"Ich war so nervös wie noch nie", sagte Wilson, der an den WM massgeblich am Missgeschick beteiligt gewesen war. "Es musste einfach klappen, nach allem was in Daegu passiert ist. Es ist ein geiles Gefühl." Teamcaptain Marc Schneeberger ergänzte: "Es ist eine sehr grosse Antwort, die wir hier geliefert haben". Dies umso mehr, als die Schweizer erst seit Montag wieder zu Hause sind und eine 25-stündige Reise hinter sich haben. "Eine solche Reise wegzustecken und drei Tage später die beste Leistung, die man in der Schweiz je gelaufen ist, auf die Bahn hinzulegen, das sagt alles", so Schneeberger. Sie hätten die leichte Wut ins Positive umwandeln können. "Wir haben davon geträumt, dass wir Schweizer Rekord laufen."
Dieser ist auch im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2012 wichtig. In London werden die besten 16 Staffeln am Start sein, wobei man erwartet, dass der Cut im Bereich von 38,80 Sekunden liegen wird. Die Schweizer haben sich also eine gute Ausgangslage geschaffen - als Massstab gilt der Durchschnitt der besten zwei Zeiten 2011 und 2012.
Pusterlas Rehabilitation
Weitspringerin Irene Pusterla vermochte sich ebenfalls für die Weltmeisterschaften zu rehabilitieren. Die 23-jährige Tessinerin, in Daegu mit 6,34 m in der Qualifikation sang- und klanglos ausgeschieden, brachte es im dritten Versuch auf 6,60. Beinahe hätte sie damit das Podest erreicht, doch die Lettin Ineta Radevica, die WM-Dritte und Europameisterin von 2010, sprang im letzten Versuch einen Zentimeter weiter. "Das war die richtige Antwort auf Daegu", sagte Pusterla. Das Meeting in Zürich liege ihr. Mit den Weiten, die sie momentan springe, sei sie sehr zufrieden. "So kann es weitergehen."
Nicole Büchler verpasst Schweizer Rekord knapp
Die Stabspringerin Nicole Büchler verpasste nur knapp einen Schweizer Rekord. Büchler fehlte bei ihrem dritten Versuch über 4,52 m - ihre nationale Bestleistung steht bei 4,50 - nur wenig. "Ich hätte noch einen vierten Versuch gebraucht, dann wäre ich vielleicht hinübergekommen", sagte die 27-jährige Bernerin, die an den Weltmeisterschaften in Daegu als 16. den Final knapp verpasst hatte. So musste sich Büchler mit 4,42 begnügen; diese Höhe hatte sie im zweiten Anlauf überquert.
Robles mit Weltklassezeit
Der Kubaner Dayron Robles gewann in der Weltklasse-Zeit von 13,01 Sekunden den Hürdensprint der Männer. Es war nach dem 100-m-Sieg von Yohan Blake die wertvollste Leistung des Abends. Der Weltrekordhalter aus Kuba (12,87) benötigte einen starken Lauf, um den Überraschungsweltmeister Jason Richardson (USA/13,10) in Schach zu halten. Bereits an den WM in Daegu hatte Robles die Ziellinie vor Richardson überquert. Doch sein vermeintlich erstes WM-Gold war ihm wegen der Behinderung von Liu Xiang (China) aberkannt worden. Der Saisonschnellste David Oliver (USA/ 3. 13,16) kam wie schon in Daegu nicht auf Touren.
"Bei der siebten Hürden kam ich zu nahe ans Hindernis. Sonst wäre ich unter 13 Sekunden gelaufen", sagte Robles und fügte hinzu: "Ein Sieg in Zürich ist immer ein grosses Vergnügen und gibt mir nach Daegu eine grosse Zufriedenheit". Auch Richardson verliess die Arena mit einem guten Gefühl. "13,10 Sekunden sind sehr gut für mich", sagte er. Er kam bis auf 2 Hundertstel an seine Bestzeit heran.
08 September, 2011