Weltklasse Zürich auf dem Sechseläutenplatz wird wiederum ermöglicht durch eine mobile Laufbahn. Die Fliehkräfte, welche durch die hohen Tempi in den 5000-m-Rennen entstehen, können mit der Innovation der Firma Conica AG ebenso abgefedert werden, wie jene der Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, die in Head-to-Head-Duellen antreten. Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt es auf der mit 560 m längsten Laufbahn der Welt damit keine. Einzige Einschränkung: Aufgrund der speziellen Form der Anlage würden allfällige Rekorde über 5000 m nicht anerkannt.
Dass keine Bestmarken erzielt werden können, schmälert die Vorfreude auf die 5000-m-Entscheidungen nicht im Geringsten. Bei den Frauen treffen Weltmeisterin Gudaf Tsegay (ETH) und Olympiasiegerin Sifan Hassan (NED) aufeinander. Die aktuelle Form spricht für die WM-Goldmedaillengewinnerin, kam doch die Olympiasiegerin im Rennen in Eugene (USA) «nur» auf Rang sechs. Auch WM-Silbermedaillengewinnerin und Commonwealth-Champion Beatrice Chebet (KEN) möchte ein Wörtchen um den Sieg mitreden.
Dominic Lobalu verleiht dem Männerrennen über 5000 m einen Hauch Schweiz. Zu sagen, dass der Flüchtling aus dem Südsudan, der seit drei Jahren in St. Gallen wohnt und beim LC Brühl unter Trainer Markus Hagmann trainiert, mit seinen Leistungen in diesem Jahr aufhorchen lassen würde, wäre ein Understatement. Bei seinem Diamond-League-Sieg über 3000 m in Stockholm blieb er sensationell unter 7:30 Minuten und schob beim 5000er in Brüssel mit 12:52,15 Minuten die nächste Weltklasse-Leistung nach. Lobalu darf auf dem Sechseläutenplatz damit als Geheimfavorit bezeichnet werden. In der Pole-Position für den Sieg ist Jacob Krop (KEN) als WM-Silbermedaillengewinner und Weltjahresbester. Immer auf der Rechnung haben muss man ausserdem den Olympiasieger über 10'000 m, Selemon Barega (ETH) und Vorjahressieger Berihu Aregawi (ETH).
US-amerikanisches Duell als Dauerbrenner im Kugelstossen
Zwei der drei Kugelstösser, welche beim US-amerikanischen «Sweep» eines der ganz grossen Highlights ihrer Heim-WM in Eugene ablieferten, sind auf dem Sechseläutenplatz am Start. Als Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordhalter nimmt Ryan Crouser die klare Favoritenrolle ein. Aber Vorsicht: Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Giganten ging bei Athletissima Lausanne zugunsten von Joe Kovacs aus. Und vielleicht kann ja Tom Walsh (NZL), Weltmeister von 2017 und WM-Vierter von 2022, erfolgreich in das US-amerikanische Duell eingreifen.
Auch in der Kugelstoss-Konkurrenz der Frauen sind die Stars and Stripes in aller Munde. Zwar nicht wegen eines «Sweeps», aber aufgrund ähnlich grosser Emotionen, die Chase Ealey (USA) bei ihrem WM-Sieg im Hayward Field auslöste. Die WM-Goldmedaille genauso wie ihr bisheriges Abschneiden in der Diamond League in diesem Jahr machen sie bei Weltklasse Zürich auf dem Sechseläutenplatz zur Topfavoritin. Erste Herausforderin dürfte WM-Bronze-Medaillengewinnerin und Europameisterin Jessica Schilder (NED) sein.
Hochsprung mit zwei Olympiasiegern
Wer einen Ausblick auf den Hochsprung der Männer wagen möchte, sieht sich mit einer aussergewöhnlichen Frage konfrontiert: Welcher der beiden Olympiasieger hat sich besser von der Hochzeit von Gianmarco Tamberi (ITA) erholt? Denn: Bei dessen Ja-Wort figurierte Weltmeister Mutaz Essa Barshim auf Europameister Tamberis Gästeliste. Dass sich die beiden Superstars sehr gut verstehen, dürfte nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass sie im vergangenen Jahr in Tokio ex aequo Olympiasieger geworden sind.
Barshim läuft es heuer besser, startet auch deshalb als Favorit und sagt im Vorfeld schmunzelnd: “Der einzige Fehler, den Tamberi machen konnte ist, dass er nach seiner Hochzeit nicht direkt in die Flitterwochen gefahren ist.” Derweil hat der Italiener Grosses vor: “Ich möchte das Publikum in meine Vorstellung einbeziehen und freue mich auf einen magischen Moment.” Nicht ausser Acht zu lassen ist Andriy Protsenko (UKR), der WM-Bronzemedaillengewinner.
Indoor-Weltmeisterin, Europameisterin oder doch die Altmeisterin?
Im Stabhochsprung führt die WM-Zweite Sandi Morris das Starterinnen-Feld an. Die US-Amerikanerin sticht nicht nur als einzige 5-m-Springerin heraus, sondern ist spätestens seit ihrem musikalischen Auftritt im Weltklasse Zürich-Song «Souvenir» (zusammen mit der Zürcher Band Baba Shrimps und 200-m-Weltmeister Noah Lyles) jedem Weltklasse Zürich-Fan ein Begriff. In diesem Jahr steht Morris’ Saisonbestleistung bei 4,85 m– genauso wie diejenige von Europameisterin Wilma Murto (FIN). Ob der finnische Shooting-Star Morris ein Schnippchen schlagen kann? Und welche Rolle ist Altmeisterin Katerina Stefanidi, der griechischen Olympiasiegerin von 2016, zuzutrauen? Aus Schweizer Sicht ruhen die Hoffnungen auf Hallen-Europameisterin Angelica Moser vom organisierenden LC Zürich.
Gerade für Moser stellt der Event auf dem Sechseläutenplatz ein besonders Erlebnis dar. «Ein Diamond-League-Final zuhause mit Familie und Freunden vor Ort zu erleben, ist etwas Unglaubliches.» Disziplinenkollegin Morris begrüsst, dass die Sportart Weltklasse Zürich auf dem Sechseläutenplatz einem neuen Publikum zugänglich gemacht wird. «Der Event bringt neue Energie und das liebe ich. Er fühlt sich an wie eine grosse Party.»