Punktlandung des Olympiasiegers
Nachdem Letsile Tebogo in Paris zum allerersten afrikanischen Olympiagold über 200 m gesprintet war, avancierte der 21-Jährige in seiner Heimat Botswana zum Volkshelden. Bei seiner Rückkehr aus der Hauptstadt Frankreichs feierten in den Strassen der Hauptstadt Gaborone 80'000 Menschen mit ihm, im Nationalstadion wurde er von 30'000 Menschen bejubelt.
Im ausverkauften Stadion Letzigrund erwarteten den Shootingstar immerhin 25'000 Fans zur Olympia-Revanche. Diese sollte sich als eine der spannendsten Entscheidungen des Abends herausstellen. Insbesondere von Kenneth «Kenny» Bednarek (USA), der im Stade de France als Zweiter knapp unterlegen war, wurde Tebogo hart gefordert. Erst auf den letzten Metern wendete sich das Blatt zugunsten des Botswaners. Das enthusiastische Publikum trug ihn trotz nass-kühlen Bedingungen zur Topzeit von 19,55 Sekunden, Bednarek stellte mit 19,57 immerhin eine persönliche Bestzeit auf.
Sensations-Europameister Timothé Mumenthaler hielt in diesem Rennen die Schweizer Fahnen hoch und finishte als Achter (20,72).
Munterer Siegerwechsel geht weiter
Viel war in den letzten Wochen gesprochen und geschrieben worden über die Beziehung zwischen und die Kräfteverhältnisse unter den 1500-m-Cracks. Der Olympiafinal hatte mit Sieger Cole Hocker (USA) zwar eine Antwort produziert. Nur: Mit ihm hatte niemand gerechnet, vielmehr mit Josh Kerr (GBR/Olympia-Zweiter) und Jakob Ingebrigtsen (NOR/4.). Der vermeintliche Branchen-Primus Ingebrigtsen schlug nach der Niederlage auf seine Art zurück: Olympia-Gold über 5000 m und mit einem unfassbaren Weltrekord über 3000 m. In Zürich präsentierte sich für den Norweger die Chance, sich auch in seiner Paradedisziplin für den verlorenen Olympiafinal zu revanchieren.
Doch Ingebrigsten liess die Gelegenheit ungenutzt verstreichen. Zwar war er es, der die hohe Pace der Tempomacher annahm, seine Konkurrenten folgten dahinter. Im Endspurt aber musste er sich hintanstellen. Es war nicht Olympiasieger Hocker, nicht Weltmeister Kerr, sondern der Olympiadritte und Vorjahressieger Yared Nuguse (USA), der ihm dieses Mal ein Schnippchen schlug und in 3:29,21 zum Sieg spurtete. Olympiasieger Hocker musste sich mit Rang drei begnügen.
Immer wieder Mondo Duplantis
Kein Athlet zog im Vorfeld von Weltklasse Zürich so viel Aufmerksamkeit auf sich wie Mondo Duplantis. Nicht nur, weil kaum einer seine Disziplin so dominiert und sich keiner in einer derart hohen Kadenz Weltrekorde – zeit seiner Karriere bereits deren zehn – krallt wie der Schwede. Sondern auch, weil er seit dem Vorabend von Weltklasse Zürich prestigeträchtiger Sieger eines 100-m-Duells mit Karsten Warholm (NOR) ist.
Duplantis, der in den USA mit einem amerikanischen Vater und einer schwedischen Mutter aufgewachsen ist und heute in Stockholm lebt, ist Olympiasieger sowie amtierender Welt- und Europameister. Zudem ist er dieses Jahr noch ungeschlagen. Von der Siegesstrasse liess er sich auch durch die misslichen Bedingungen und die vorermüdeten Beine nicht abbringen, auch wenn sich sein Körper nach dem 100-m-Lauf «zerstört angefühlt hat». Gegen Sam Kendricks, den Olympiasilbermedaillengewinner, setzte er sich höhengleich dank der geringeren Anzahl Fehlversuche mit 5,82 m durch. Dritter wurde Kurtis Marschall (AUS) mit 5,72 m.
«Allesgewinner» wird überflügelt
Gegen ihn schien es derzeit einfach kein Rezept zu geben: Miltiadis Tentoglou (GRE) heimst seit Jahren alle grossen internationalen Titel ein. Bei Weltklasse Zürich trat er als Olympiasieger sowie als amtierender Welt- und Europameister an. Dem Ruf als «Allesgewinner» wurde er heute allerdings nicht gerecht. Auch wenn er einmal mehr den «Tentoglou-Spezial» auspackte und sich erst in letzter Sekunde, im fünften Durchgang, für den sechsten Durchgang der letzten drei («Final Three») qualifizierte, musste der Grieche (8,02 m) dem Paris-Zweiten Wayne Pinnock (JAM/8,18 m) eine gelungene Olympia-Revanche zugestehen.
Die Augen der Schweizer Fans waren im Weitsprung aber weniger auf den Allesgewinner, als vielmehr auf einen Alleskönner gerichtet. Der Schweizer Zehnkampf-Spezialist Simon Ehammer forderte in seiner stärksten Einzeldisziplin die Weltbesten einmal mehr und durfte im Final Three ebenfalls mittun. Als Dritter (7,98 m) unterhielt er mit seinen Leistungen die Fans auf der Gegengerade bestens und feierte seinen ersten Podestplatz bei Weltklasse Zürich.
Stimmungsvoller Auftakt dank dem «Babyface-Killer»
Ein Schweizer sorgte dafür, dass unmittelbar vor Beginn des Hauptprogramms die Stimmung im Stadion Letzigrund so richtig entfacht wurde. Gewohnt verhalten ins 400-m-Rennen gestartet, spielte Lionel Spitz seine Stärke auf der Zielgerade aus und lieferte mit 45,30 Sekunden einmal mehr in dieser Saison eine bärenstarke Leistung ab. Die Zuschauenden dankten es dem «Babyface-Killer», wie er sich selbst gerne bezeichnet, mit lautstarkem Beifall.
Praktisch zeitgleich mit Spitz hatte ein Weltrekordhalter seinen Auftritt bei Weltklasse Zürich. Nach dem vielbeachteten Duell zwischen Mondo Duplantis (SWE) und Karsten Warholm (NOR) über 100 m am Vorabend von Weltklasse Zürich hätte der Norweger als Strafe in einem Schweden-Einteiler über 400 m Hürden antreten sollen. Warholm löste seine Wettschuld vor ausverkauften Rängen ein, musste verletzungsbedingt aber auf einen Start über seine Lieblingsdistanz verzichten. Beim Stadion-Interview im gelb-blauen PUMA-Dress hatte der humorvolle Norweger die Lacher dennoch auf seiner Seite.
Die weiteren Siege des Abends im Hauptprogramm gingen an Grant Holloway (USA/110 m Hürden), Roshawn Clarke (JAM/400 m Hürden), Ryan Crouser (USA/Kugel) und Anderson Peters (GRN/Speer), sowie im Vorprogramm an Jacob Krop (KEN/3000 m).
Credits: Diamond League AG